Am 16. und 17. Mai 2022 nahmen Schüler*innen der Max-Eyth-Schule (MES), initiiert durch die Jugendsozialarbeit der MES, am Kriminal- und Gewaltpräventionsunterrichtes des Vereins “Gefangene helfen Jugendlichen” teil.
Innerhalb des Gewaltpräventionsunterrichtes vermittelten ehemalige Häftlinge den Jugendlichen die Folgen von Straftaten und Gewalt.
Zwei ehemalige Strafgefangene erzählten den Jugendlichen ihre eigene Lebensgeschichte. Eine Geschichte, die sich – zugegebenermaßen – erstmal wie ein Hollywoodfilm anhört. Aufregend und spannend – glamourös allerdings nicht. Hierbei berichteten die beiden von ihren begangenen Straftaten. 13 Jahre Haft wegen Drogenschmuggel, ohne Bewährung, sowie 15 Jahre lebenslänglich wegen Beihilfe zu Mord. „Bis heute wissen wir beide nicht, wie vielen Menschen wir mit unserem Handeln tatsächlich geschadet haben. Das verfolgt“, sagt einer der beiden. Heute klären sie die Jugendlichen über die Haftbedingungen, das Leben in Haft, das Abrutschen in das kriminelle Milieu, Jugendgewalt und über Erfahrungen als ehemalige Inhaftierte auf.
Aus dieser Perspektive der ehemaligen Häftlinge erfuhren die Jugendlichen die schwerwiegenden Konsequenzen und die Perspektivlosigkeit von Kriminalität. Es wurde deutlich gemacht, wie die Zeit in der Haftanstalt viele Insassen an ihrer persönliche Grenzen führt, dass Angehörige von Inhaftierten Besuche in der JVA als besonders schamvoll erleben, dass der bisherige Freundeskreis der Insassen sich zumeist abwendet, dass die berufliche Zukunftsperspektive negativ ist und dass ausländische Jugendliche sogar von Abschiebung bedroht sein können. „Es wurde viel konfrontiert, sensibilisiert und auf Augenhöhe mit den Jugendlichen diskutiert – für diese ein anderer Schultag als sonst. Mit vielen Erfahrungen, an die sie sich sicher lange erinnern werden“, sagt Susanne Haack, Schulsozialarbeiterin an der MES und Organisatorin der Veranstaltung.
Die Idee zu „Gefangene helfen Jugendlichen“ entstand 1996 in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel, durch die Initiative von drei Inhaftierten, darunter der heutige Geschäftsführer Volkert Ruhe. Ruhe, der statt zu resignieren beschließt, das Beste aus seiner Situation zu machen und andere vor seinem Schicksal zu bewahren .Während ihrer Haftzeit setzten sich die Gefangenen intensiv mit ihrem Fehlverhalten auseinander und fragten sich, wie es nur so weit mit ihnen kommen konnte. Wäre ihr Leben anders verlaufen, wenn ihnen jemand in jungen Jahren verdeutlicht hätte, welche Konsequenzen kriminelles Verhalten haben kann?
Der Grundgedanke ist, gefährdete Jugendliche durch Konfrontation mit dem Gefängnisalltag und mit den Biografien der Gefangenen von einer kriminellen Laufbahn abzubringen. Betroffene Jugendliche sollen vor den gravierenden und folgenschweren Konsequenzen von Kriminalität (Isolation, Einsamkeit, Fremdbestimmtheit, emotionale Verarmung, Gewalt, Abschiebung, verringerte Zukunftsperspektiven), die die Gefangenen am eigenen Leib erfahren mussten, bewahrt werden. „Ein spannendes Projekt, das wir sicher wieder an unsere Schule holen werden. Diese Berichte waren authentisch und sehr offen und persönlich – das berührt die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Und bewahrt – hoffentlich – vor dem ein oder anderen potenziellen Fehltritt“, resümiert Susanne Haack zufrieden.
Es ist ein Unterschied, ob irgendjemand einem Jugendlichen ins Gewissen redet oder einer, der den Knast schon am eigenen Leib erfahren hat.
Foto (v.l.n.r): Volkert Ruhe, Geschäftsführer und Teyfik Sahin, Referent Coach „Gefangene helfen Jugendlichen e.V.“